Liebst du dich?

Ich möchte dich etwas fragen. Liebst du dich? Kannst du dich selbst gut leiden? Würdest du mit dir selbst gerne Zeit verbringen?

Wenn man mich fragen würde, ob ich Gott liebe, dann würde ich mit einem klaren Ja antworten. Wenn ich gefragt werde, ob ich gerne Zeit mit meiner Frau verbringe, dann würde ich auch ohne zu zögern mit einem Ja antworten. Aber weißt du, wo ich lange gezögert habe, wo ich grübeln musste und was mir Unbehagen bereitet hat? Wenn man mich gefragt hat, ob ich mich liebe.

Ich wusste nicht, wie das geht. Ich hatte keine Vorstellung davon, wie Selbstliebe aussieht. Für mich war Selbstliebe über etliche Jahre etwas Egoistisches, schlechtes und etwas, das man vermeiden sollte. Ich hatte keine Ahnung, dass es einen Unterschied gibt zwischen Selbstliebe und Selbstverliebtheit und es war ein sehr unangenehmes Gefühl für mich, als ich erkannte, dass ich mich selbst nicht wirklich leiden konnte. 

Und dann wurde mir das größte und wichtigste Gebot vor die Augen gemalt. „Du sollst deinen Gott lieben von ganzem Herzen, mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstand und liebe deinen Nächsten, wie dich selbst!“1 Für mich war das stets ein Ansporn anderen mit Liebe zu begegnen, nicht nach meinem eigenen Vorteil zu suchen, den anderen höher zu achten als mich selbst. Jedoch lebte ich das nicht in einem Kontext der Liebe, sondern im Kontext der aktiven Selbstverleugnung und der Selbsterniedrigung. Nicht in dem Sinne, wie Jesus über Selbstverleugnung gesprochen hat. Ich lebte wie einer, der sich selbst nicht für gut genug sah, wie einer, der es nicht wert ist selbst geliebt zu werden. 

Das Gesetz Gottes zeigt uns, dass wir Gottes Herrlichkeit verfehlen, Sünder sind und seine Liebe nicht widerspiegeln.Ja, wir sind nicht würdig genug, um ewig zu leben. Denn im Hinblick auf die Moral hat nur die Liebe den Wert für immer bestehen zu bleiben und da der Mensch die Liebe Gottes verfehlt muss er sterben. Aber durch Jesus haben wir eine neue Identität bekommen. Das, worin wir versagten, wo wir uns heute dafür schämen und worin wir den Tod verdienten, machte Gott zunichte, indem er selbst Mensch wurde, die Last und die Schuld unserer Sünde und Unwürdigkeit trug und uns davon erlöste.3 Jesus starb für uns, als wir schuldig und gottlos waren.4 Das bedeutet, dass seine Liebe uns in unserer Schuldigkeit und Unwürdigkeit Würde und Wert zuspricht!5 Und aus dieser Würde und aus diesem Wert, der weder von Menschen noch von uns selbst abhängig ist, sondern der von Gott gegeben ist, dürfen wir leben!

Diese Überzeugung hatte ich schon lange, doch es hat Jahre gedauert, bis es mir ins Herz gerutscht ist. Ich bin der Liebe würdig! Nicht wegen dem, was ich tue oder nicht tue, nicht wegen dem, was ich kann oder nicht kann, sondern weil Gott mich schuf und für liebenswert erklärt hat, so wie ich bin! Das ist ein Fakt und absolut biblisch. Jesus ist für mich gestorben, mit dem Wissen, dass alle Sünden, die ich tun werde, erst noch folgen. Jesus hat sich auspeitschen und ans Kreuz nageln lassen, damit ich die Liebe erleben kann, die mir aufgrund des Sündenfalls seit meiner Geburt fehlt. 

Gottes Liebe will in uns wohnen.6 Gott möchte uns mit seinem Geist erfüllen, dessen Frucht die Liebe ist.7Und in der Liebe finden wir Freundlichkeit, Frieden, Freude, Geduld, Sanftmut, Selbstbeherrschung, Barmherzigkeit und noch so viel mehr. Die Liebe, mit der Jesus geliebt wurde, dürfen wir in unserem eigenen Herzen tragen.8

Doch weißt du, wie das aussieht, wenn wir uns selbst nicht mit Liebe begegnen und uns nicht für liebenswert halten? Es ist wie, als würden wir jemand, der uns umarmt, von uns wegstoßen oder als würden wir ein Geschenk einfach ablehnen. Wir können das gute nicht mit Freude und Dankbarkeit empfangen, weil wir uns nicht für wertvoll oder gut genug erachten. Mangelnde Selbstliebe ist auch einer der Gründe, warum Menschen psychisch krank oder beziehungsunfähig werden. Der Mensch benötigt Liebe, Nähe, Wertschätzung, Akzeptanz und Geborgenheit. Wenn wir diese Dinge für uns selbst nicht empfangen können, weil der Satan uns Lügen ins Ohr geflüstert hat,9 die wir angefangen haben zu glauben, dann wird es auch immer schwerer anderen Menschen mit Liebe zu begegnen. Wir verlieren die Kraft und die Fähigkeit anderen Menschen Nähe, Wertschätzung und Akzeptanz zu schenken. Wenn wir selbst Gefühle der Unwürdigkeit haben, uns verurteilen, kritisieren, unsere Schwächen ablehnen, dann werden wir das an unser Umfeld weitergeben.

So wird aus liebloser Selbstkritik, gnadenlose Kritik an anderen. So wird aus mangelnder Vergebung und Versöhnung mit sich selbst, eine fehlende Bereitschaft anderen zu vergeben, welches einen Nährboden für Bitterkeit in unserem Herzen schafft. Darum wird aus mangelnder Selbstliebe, mangelnde Nächstenliebe!

Gott möchte, dass wir unseren Nächsten lieben, wie uns selbst! Das ist sein Gebot, Teil des größten und allerwichtigsten Gebotes. Wollen wir nicht geliebt, geschätzt und geachtet werden? Wir dürfen bei uns selbst anfangen! Ja, wir dürfen anderen mit Liebe und Wertschätzung begegnen, aber nicht, indem wir uns ab jetzt ganz hart anstrengen, sondern indem wir uns mit uns selbst versöhnen, uns annehmen, uns wertschätzen und uns mit Liebe begegnen. Die Liebe ist geduldig und freundlich. Also sei nicht hart und ungeduldig dir gegenüber. Du tust dir damit nicht gut. Gott geht nicht so mit seinen Kindern um, warum gehen wir mit uns selbst dann anders um? Die Liebe ist schnell im Vergeben und langsam im Zorn. Also reg dich nicht ständig über dich oder das auf, was du falsch gemacht hast, sondern sei gnädig zu dir und freu dich an den Dingen, die dir gelingen!

Wir alle haben Stärken und Schwächen und manchmal wünschen wir uns, wir könnten unsere Schwächen zu Stärken machen. Dabei sind es gerade die Schwächen, die uns menschlich machen und in denen Gott uns begegnen möchte.10 Es sind die Schwächen, die uns verbinden. Stell dir mal vor, dein Partner oder deine Partnerin wäre fehlerfrei. Stell dir vor, deine Eltern wären fehlerfrei oder deine Freunde. Würdest du gerne mit ihnen Zeit verbringen? 

Also ich wäre nicht gerne unter Menschen, die „perfekt“ sind, denn Jesus Christus, den wahren Vollkommenen, gibt es nur ein Mal. Also wenn wir schon alle Schwächen haben, die uns offenbar verletzbar und kritisierbar machen, dann lasst uns die nicht voreinander verbergen, sondern zeigen. Nur, wenn wir unsere Masken ablegen und uns zeigen, wie wir wirklich sind, können wir auch gute Beziehungen leben. Gottes Liebe zu dir kann von der Sonne bis zur Erde gehen, aber wenn du dich nicht dort lieben lässt, wo du sie am meisten brauchst, kann sie auch nicht ankommen. Es ist wie als würden wir uns im Badeanzug von der Sonne bräunen lassen wollen. Im Badeanzug wird es immer Stellen an unserem Körper geben, die kein Sonnenlicht abbekommen haben. So ist es auch mit der Liebe. Die Liebe kann nur dort fließen und ihre Wirkung entfalten, wo wir sie auch heranlassen.

Wir Christen tun gut darin, uns selbst kleinzuhalten und tun das alles auch noch im Namen des Herrn. Ihm allein sei die Ehre, ich bin nur sein unbedeutender und unwürdiger Helfer. Das ist keine Form der Demut, sondern Selbsterniedrigung, die wir als äußerst spirituell verkleiden. In Wahrheit können sich die Menschen selbst nicht leiden, sind unzufrieden und haben das Gefühl nicht gut genug zu sein. Das ist ein großes Problem, das wir unter Christen haben, weil wir sehr geübt darin sind, unseren Minderwert als Demut darzustellen, was in Wahrheit aber keine Demut ist. Jesus war demütig unter den Menschen, aber er hat sich nicht kleingeredet oder für gering erachtet, denn er wusste, dass er der Sohn des Höchsten ist.11 Überraschung, durch ihn sind wir auch Kinder des Höchsten und wenn wir in der Kraft des Geistes und der Liebe leben wollen, dann müssen wir unsere Identität als das wahrnehmen, was sie ist und in dieser hat Minderwert nichts verloren!12

Wir sind Geliebte! Du bist nicht einfach von Gott toleriert, weil Jesus den Preis dafür bezahlt hat. Nein, Jesus ist der Ausdruck des Herzen Gottes dir gegenüber.13 In der Kreuzigung hat Gott seine leidenschaftliche Liebe uns gegenüber zum Ausdruck gebracht, damit wir endlich glauben, wie gut er ist. Du wirst von Gott zu jeder Zeit willkommen geheißen. Gott liebt es, wenn du in seiner Gegenwart bist. Gott wurde Mensch und ist für dich gestorben, weil er sich nach dir gesehnt hat. Du bist der Grund dafür, warum er das alles durchgemacht hat. „Naja, er hat es ja auch für andere Menschen gemacht.“ Ja, aber er hat es auch für dich gemacht. Er ging für dich ans Kreuz, weil er dich liebt und weil er sich wünscht, mit dir in einer Beziehung zu leben, in der du dich aus tiefster Seele geliebt weißt. 

Aus dieser Liebe dürfen wir lernen zu leben, indem wir uns darin bemühen, sie für uns selbst zu empfangen. Je mehr wir seine Liebe, den Wert und die Identität, die er uns als seine Kinder geben möchte, empfangen können, umso mehr können wir unseren Nächsten mit derselben Liebe begegnen. 

Drum liebe deinen Nächsten, wie dich selbst. Unsere Nächsten hätten keinen Gefallen daran, wenn wir mit ihnen genauso umgehen, wie wir mit uns selbst umgehen, doch auch das tun wir immer wieder, weil wir nur das widerspiegeln können, was in unseren eigenen Herzen vorgeht. Uns fällt es zwar leichter freundlich zu anderen zu sein, aber dennoch sind wir eingeschränkt, weil die Liebe nicht fließen kann. Wenn wir geduldig, freundlich, wertschätzend und liebevoll zu uns selbst sind, dann werden wir automatisch geduldiger, freundlicher, wertschätzender und liebevoller zu anderen. Darum sag Ja zu dir, denn Gottes Ja hast du schon seit 2000 Jahren vor deiner Geburt erhalten!14

Biblische Verweise zum Nachschlagen und zum Meditieren:

1         Matthäus 22:34-40

2         Römer 3:23

3         2.Korinther 5:17-21

4         Römer 5:6-8

5         Lukas 15:21-24

6         Johannes 14:23

7         Galater 5:22-23

8         Johannes 17:26

9         Johannes 10:10

10       2.Korinther 12:9

11       Markus 2:1-12

12       1.Korinther 7:23

13       Johannes 14:8-10

14       2.Korinther 1:20